FATAL ERROR
Topic: 'Landeskunde'
Ganz easy und ganz cool fahren wir die ersten 2 Kilometer. Es geht leicht bergab, es weht uns ein frischer Wind um die Ohren. Alles tibbetobbe, Daumen hoch, super, wir sind so motiviert wie nie zuvror. Dann sehen wir ihn endlich: den Stausee. Wir halten an, stellen uns auf die Staumauer, machen Fotos. Der Daumen: zeigt immer noch nach oben. Irgendwann schaue ich mich um und werde leicht irritiert. Links von der Staumauer sind ca. 50 Treppenstufen, die es nach oben geht. Rechts der Staumauer sind Zäune und dahinter winzige Stolperwege. Na super. Also entschließen wir uns die Fahrräder nach Hause zu fahren und die Umrundung des Sees zu Fuß zu beschreiten. Da taucht eine Frau aus dem Nichts auf. Sie hat einen riesigen Hund dabei. Ah, eine Ortskundige, denke ich und frage sie, ob es denn überhaupt möglich sei, den Stausee mit dem Fahrrad zu umrunden. Ja natürlich erwidert diese ganz selbstverständlich, das würden sogar sehr viele tun, am besten links rum anfangen, fügte sie noch freundlich hinzu. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie vertrauten wir dieser Frau.
Ja richtig, links rum bedeutete etwa 50 Holztreppenstufen hoch, und zwar mit Fahrrad. Völlig abgekämpft komme ich oben an, Ich habe schon jetzt keine Lust mehr. So ein scheiß. Aber jetzt heißt es durchhalten, schließlich will ich ja auch meinen Mann ein bisschen beeindrucken und nicht als unsportliche Tussi dastehen. Ich beiße die Zähne zusammen. Wir fahren auf einer relativ breiten Straße, die dann immer schmaler wird, schmaler, schmaler und schmaler. Bis sie sich in einen nahezu unbefahrbaren, engen Weg transformiert. Nach 2h Stunden (und ich am Ende) machen wir eine Pause und glauben, fast am Ziel zu sein. Pustekuchen. Zwischen all den Nadelbäumen tut sich nun das ganze Inferno auf: Von der Staumauer am Anfang sahen wir nicht alle Arme und Abzweigungen des Sees.
Ich breche kurz zusammen, aber nach einer Elektrolyt-Infusion geht es mir sofort besser und wir machen uns weiter. Nun aber geht es bergauf und der Wald wir auch immer dunkler und der Weg noch enger. Es kommen uns zum ersten Mal Leute entgegen, die nicht verstehen, wie wir das schaffen wollen. Ich verweise immer wieder auf die doofe Frau mit Hund. Langsam bekomme ich Armkrämpfe vom Schieben, denn fahren war auf ca. 85% der Strecke nicht möglich. Nach einer weiteren Stunde kommen wir einem Abhang entgegen, den wir runter müssen. Wir kommen auf ein Dorf zu, in dem nun ein einfaches Bäckerauto eine schwere Ehekrise auslösen wird.
Wir entscheiden uns, eine Kleinigkeit beim jungen Bäckersmann zu kaufen. Ich frage ihn und eine alte, freundliche Dorfbewohnerin, wie weit es denn noch bis zu unserem Ausgangsdorf sei...beide schütteln die Köpfe...es wären noch etwa 15km, aber die Bundesstraße wäre zu steil für uns mit dem Fahrrad. Innerlich stehe ich wieder kurz vor einem Zusammenbruch. Da sagt die alte Dame zum Bäckersjungen: Mensch, Jörch, kannst du die beiden nicht mitnehmen, mit deinem Bäckerauto. Der erklärt sich sofort bereit und ich übersetze meinem Mann die Sachlage. Dieser wirkt nicht begeistert. Denn es ist ja erst Mittag, und was wollen wir da denn schon zu Hause. Aber bitte, wenn ich mit dem Bäcker mitfahren wolle, sollte ich ruhig. Er fährt mit DEM jedenfalls nicht. Ich solle ihn ruhig hier zurücklassen, er komme schon alleine durch, er wäre ja eh nur Ballast für mich.
Ok dann eben nicht. Dann machen wir eben auf dem beschissenen Rundweg weiter. Ich sehe den Anstieg und könnte heulen, denn es geht allmählich auf 1000m rauf. Und das mit dem Fahrrad. Aber weil mich mein Mann bezichtigt hat, ich wolle ihn mit einem dahergelaufenen Bäckersjungen betrügen, um mit ihm in der Pampa als fahrende "Bäcker-Elli" glücklich zu werden, werde ich so stinkig, dass ich mein Fahhrad wutentbrannt diesen verdammten Berg hochschiebe. Nach 10 Minuten kann ich aber nicht mehr, keuche nach Atem ringend rum und als er mich einholt, können wir uns den Lachanfall nicht unterdrücken und er sieht ein, dass ich lieber bei ihm bleiben wollte. Oben angekommen, geht es nun endlich bergab. Jaaaaaaaaa.
Und ich denke noch so, na wenigstens ist nach all den 5h nichts passiert....Wie war das nochmal mit dem Teufel und dem Kamel? ...
Mein Mann stürzt sich, als der Weg wieder einmal schmaler wurde, todesmutig auf eine kleine Holzbrücke zu. Er nimmt sie mit dem Fahrrad, als ob es nichts sei und also denke ich kann sie ja nicht so gefährlich sein. Die Brücke ist jedoch rutschig und meine Bremsen funktionieren nicht mehr. Ich rase mit voller Geschwindigkeit auf einen steilen Abhang zu. Cri kann mich in letzter Sekunde noch am Arm erwischen. Und so habe ich zwar blutige Schürfwunden und Hämatome am ganzen Körper, aber wenigstens nichts gebrochen...Das erstaunlichste für ihn dabei war, dass ich selbst in größter Gefahr meine Hilfeschreie noch auf italienisch ausübte.
Nach all der Aufregung und endlich zu Hause angekommen, haben wir uns beide ein kühles Radler verdient. Und ja ich muss ihm nochmals zugestehen, nicht Jörch der Bäcker, sonder Cri, der Italiener hat mich vor dem Abhang gerettet.